Wir setzen die Veröffentlichung von Essays aus dem neuen Zyklus „Jüdische Adressen Oldenburgs“ fort. In der vorherigen Veröffentlichung ging es um die ersten Schritte der Entstehung des jüdischen Lebens in Oldenburg. Heute folgt der zweite Essay aus diesem Zyklus.
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Anfang der fünfziger Jahre des 19. Jahrhunderts erwarb die Oldenburger Jüdische Gemeinde ein Grundstück in der Stadtmitte zwecks Bau eines neuen Gebetshauses. Am 3. Mai 1854 legte Großherzog Nikolaus Friedrich Peter von Oldenburg den Grundstein für die neue Synagoge. Am 24. August 1855 fand die feierliche Eröffnungszeremonie statt. In der Nähe der Synagoge wurde ein neues Gemeindezentrum und die Schule mit der dazugehörigen Wohnung für den Lehrer gebaut. Der Landesrabbiner Bernhard Wechsler weihte die neue Synagoge ein.
Über dieses Ereignis berichtete die „Allgemeine Zeitung des Judentums“ vom 17. September 1855: „Oldenburg, 24. August. Heute fand hier die Einweihung der Synagoge unter allgemeiner Teilnahme statt. Ihre Königlichen Hoheiten der Großherzog und die Großherzogin beehrten die Feier mit Ihrer Gegenwart. Die Weihe fand in der gewohnten Weise sehr erbaulich und erhebend statt. Herr Landesrabbiner Wechsler hielt eine sehr gediegene Festpredigt, die voll religiösen Geistes war“.
In der neuen Synagoge wurde eine Orgel eingebaut, die jedoch 1891, nach dem Amtseintritt des Rabbiners Dr. David Mannheimer, wieder abgebaut wurde.
In der neuen Synagoge wurde eine Orgel eingebaut, die jedoch 1891, nach dem Amtseintritt des Rabbiners Dr. David Mannheimer, wieder abgebaut wurde. In diesem Zeitraum entwickelte sich jüdisches Unternehmertum in Oldenburg weiter, namenhafte Juden der Stadt eröffneten neue Industrieunternehmen und Geschäfte: Luice Steintahl, Inhaber eines Textil- und Ledergeschäftes für Damen; der Bankier Karl Ballin und sein Bruder, der Pharmazeut Dr. Georg Ballin; die Großhandelskaufleute Hahlo und Leopold Wilhelm; Paul und Franz Reyersbach, Inhaber der FA ML Reyersbach AG, einer Fabrik für Fahrräder und Musikinstrumente und vieles andere.
Ebenfalls wuchs die Zahl der Mitglieder der Oldenburger Jüdischen Gemeinde. 1875 zählte sie 169 Personen, 1905 schon 265. Das Gemeindegebäude wurde zu klein und man entschied sich, es umzubauen. Die Synagoge wurde nach Plänen des Architekten Klingenberg rekonstruiert . Auf dem Gebäude brachte man eine Tafel mit einer Aufschrift in Hebräisch an: „Bet Elohim“ – „G-ttes Haus“.
Interessanterweise hatte diese Tafel bis ins Jahr 1855 bereits das alte Synagogengebäude in der Peterstraße geziert. Der architektonische Stil der neuen Synagoge unterschied sich deutlich von dem der alten – das Gebäude sah größer und majestätischer aus. Die Fenster wurden mit Buntglas dekoriert, das der Maler Prof. Rohde aus Bremen angefertigt hatte. Darauf stellte er symbolisch jüdische Feiertage dar. Am 26. März 1905 wurde die neue Synagoge feierlich eingeweiht und eröffnet. Sie existierte bis zum 9. November 1938. In der Nacht auf den 10. November, der „Reichspogromnacht“, wurde sie von den Nazis geplündert und verbrannt.
Autor: Yakub Zair-Bek