Unsere Webseite hat ihren Lesern bereits mehrfach über Gedenkstätten berichtet, die in irgendeiner Weise mit der jüdischen Geschichte verbunden sind und sich in verschiedenen Städten Deutschlands, aber auch außerhalb Deutschlands befinden. Wahrscheinlich erinnern sich die Leser an die Artikelreihe „Die Weltgeschichte einer jüdischen Familie“ und andere Materialien, die in letzter Zeit auf unserer Webseite veröffentlicht wurden. Heute bieten wir den Lesern den ersten Artikel aus einer neuen Reihe mit dem Titel „Jüdische Adressen in Oldenburg“ an, der Sie mit dem Beginn des jüdischen Lebens in dieser niedersächsischen Stadt im Norden Deutschlands bekannt macht.
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Die Geschichte der Jüdischen Gemeinde in Oldenburg ist tief in der Vergangenheit verwurzelt. Als erste Bestätigung des jüdischen Lebens hier gilt die Aufschrift auf einem Siegelring aus Bronze, der bei Ausgrabungen in der Nähe von Oldenburg gefunden wurde. Diese lautet: „Ruvim, der Sohn Jeremias, G-tt segne die Erinnerung an ihn“. Spezialisten datieren den Ring auf das Ende des 13. oder den Anfang des 14. Jahrhunderts. Die erste schriftliche Erwähnung der Juden in Oldenburg ist vom 13. Dezember 1334. Damals entzogen die Stadtbehörden den Juden eine Reihe ihrer Privilegien, insbesondere den Schutz des Grafen. Sie bekamen keine Schutzbriefe mehr, wurden aber nicht aus der Stadt vertrieben. Wenig später, 1345, wurde allen Juden verboten, jegliche Art von Handel zu betreiben, außer den sogenannten Wucher, d.h. Geld gegen Zinsen zu verleihen. Obwohl die Juden aus dem benachbarten Dorf Wildeshausen vertrieben wurden, was auch schriftliche Dokumente bestätigen, gibt es keine solchen Beweise in Bezug auf Oldenburg.
Zwischen 1667 und 1773 war Oldenburg und die nähere Umgebung im Besitz von Dänemark. Die Dänen ermunterten die Juden dazu, in die Stadt zurückzukehren, und die Juden kamen dem nach. Es gibt wenige Dokumente über das jüdische Leben in Oldenburg im 17. und 18. Jahrhundert. Bekannt ist allerdings, dass die jüdische Familie Goldschmidt sich in Oldenburg ansiedelte und Handel betrieb. Unter Anderem handelte sie mit Fleisch. Besondere Erfolge erzielte in dieser Branche der Enkel des Gründers der Dynastie, Josef Baruch Goldschmidt. Er erwirkte Schutzbriefe für sich und für seine zwei Söhne.
Schon seit Anfang des 19. Jahrhunderts existierte in Oldenburg eine Jüdische Gemeinde. 1807 lebten hier 27 Juden, ein Anteil von ungefähr 0,6 % an der Gesamteinwohnerzahl (4.692 Personen). 1820 zählte die Jüdische Gemeinde schon 80 Mitglieder. 1827, unter Herzog Peter Friedrich Ludwig, wurde ein Landesrabbinat gegründet. Der erste Landesrabbiner war ein 25-jähriger Nathan Markus Adler (1803-1890), der seinen Doktortitel mit 20 Jahren verliehen bekam.
1829 wurde das Haus Nr. 5 an der Mühlenstraße umgebaut; dort fand die erste Synagoge in Oldenburg ihren Platz. In diesem Gebäude befand sich auch die Wohnung von Rabbiner Adler. Dieses Haus existiert nicht mehr, an seinem Platz steht heute ein großes Gebäude, wo sich unter anderem die Deutsche Angestellten-Akademie befindet.
Bemerkenswert ist auch das Schicksal von Adler: Nachdem er die Stadt verlassen hatte, wurde er zum Oberrabbiner des Britischen Imperiums ernannt und avancierte zu einem der einflussreichsten orthodoxen Rabbiner Europas. Die Zahl der in Oldenburg lebenden Juden in den nächsten Jahrzehnten stieg stetig. 1855 betrug sie bereits 104. Das Haus an der Mühlenstraße, das bisher als Synagoge diente, war zu klein geworden, und es wurde entschieden, eine neue Synagoge zu bauen.
Autor: Yakub Zair-Bek