Wir setzen die Veröffentlichung der Essays aus der Reihe „Jüdische Adressen Oldenburgs“ fort. Heute präsentieren wir bereits den elften Essay, in dem wir den Lesern den Neuen Jüdischen Friedhof in der Sandkruger Straße in Oldenburg vorstellen.
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Ende der 1990er Jahre gab es auf dem alten jüdischen Friedhof in der Dedestraße nahezu keine freien Begräbnisplätze mehr. Daraufhin unternahm die Jüdische Gemeinde Oldenburg energische Anstrengungen, um dieses Problem zu lösen. Nach Verhandlungen mit der Stadtverwaltung wurde im Herbst 1999 ein Vertrag über den Erwerb eines Grundstücks für einen neuen jüdischen Friedhof unterzeichnet, der Platz für bis zu 500 Bestattungen bietet. Der neue Friedhof wurde im November 2000 als eigenständiger Teil des städtischen Friedhofs Parkfriedhof-Kreyenbrück eröffnet. In Übereinstimmung mit der jüdischen Tradition wurde der Friedhof von einer Ziegelmauer umgeben, in die ein Metalltor nach einem Entwurf von Alfred Bullermann eingebaut wurde, das mit einer Darstellung eines rituellen Leuchters, der Menora, verziert ist. Die erste Beisetzung auf dem neuen Friedhof fand im Juni 2001 statt, als das Gemeindemitglied Boris Rubinstein beigesetzt wurde.
Neuer Jüdischer Friedhof in der Sandkruger Straße in Oldenburg
In unserer Zeit, in der einige Juden mit nichtjüdischen Partnern verheiratet sind, kann die Frage aufkommen, ob der nichtjüdische Ehepartner neben dem jüdischen auf dem jüdischen Friedhof beigesetzt werden darf. Diese Menschen gehörten formell nicht zur jüdischen Gemeinde, nahmen aber in der Regel ehrenamtlich aktiv am Gemeindeleben teil und unterstützten ihren jüdischen Partner über viele Jahre oder sogar Jahrzehnte. Auf dem neuen Friedhof ist die Beisetzung solcher Ehepaare vorgesehen. Damit möchte die Gemeinde zeigen, dass diese Menschen ein Teil von ihr waren und weiterhin geehrt werden.
So sind auf dem Neuen Jüdischen Friedhof die langjährige erste Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Oldenburg, Sarah-Ruth Schumann, und ihr Ehemann, Dr. med. Friedrich-Wilhelm Schumann, beigesetzt.
Unter Juden gibt es eine schöne Tradition: In den Tagen zwischen Rosch Haschana und Jom Kippur wird das sogenannte „Kever Avot“ (hebräisch: „Gräber der Vorfahren“) durchgeführt, wobei es Brauch ist, den nächstgelegenen jüdischen Friedhof zu besuchen, auch wenn dort keine nahen Verwandten begraben sind. Man glaubt, dass die Verstorbenen den lebenden Angehörigen der jüdischen Gemeinschaft übermitteln, dass man sich an sie erinnert. Diese Tradition hängt mit dem jahrhundertelangen Prozess der erzwungenen Migration europäischer Juden zusammen. Wie in den vergangenen Jahren wurde diese Tradition auch im Jahr 2024 fortgeführt. Am 6. Oktober besuchten die Juden Oldenburgs beide Friedhöfe: den historischen Alten Friedhof in der Dedestraße und anschließend den Neuen Friedhof in der Sandkruger Straße.
Kever Avot im Jahr 2024
In den letzten Jahren wurden auf dem Friedhof verschiedene Maßnahmen zur Verschönerung des Geländes durchgeführt: Die Gräber wurden gepflegt, Platten zwischen den Reihen verlegt, eine Wasserversorgung installiert, ein Pavillon gebaut und Bänke für die Erholung aufgestellt. Außerdem werden regelmäßig das Gras geschnitten und der Müll beseitigt. Im Winter 2023/2024 wurde der Friedhof infolge einer Überschwemmung, die den Norden Niedersachsens heimsuchte, teilweise überflutet. Nachdem das Wasser zurückgegangen war, stellte man fest, dass einige Gräber abgesackt waren und die Denkmäler sowie Einfriedungen auf diesen Gräbern schiefstanden. Derzeit werden Arbeiten zur Beseitigung der Folgen dieser Naturkatastrophe durchgeführt.
Autor: Yakub Zair-Bek
Es wurden Fotos von M. Beilis, aus dem Archiv des Autors und @DerShlikh-DerBote verwendet