Abschließend veröffentlichen wir den dreizehnten und letzten Aufsatz aus der Reihe „Jüdische Adressen Oldenburgs“, in dem es um verschiedene „Formen der Erinnerung“ an die Millionen von Juden geht, die während des Nationalsozialismus ums Leben kamen.
Die Karte der jüdischen Orte in Oldenburg [➦ hier klicken]
Das Gedenken an die sechs Millionen Juden, die in den Flammen des Holocausts umgekommen sind, hat verschiedene „Formen der Erinnerung“. Beispielsweise sind die „Zeugenausschnittblätter“ bekannt, die im Gedenkkomplex Yad Vashem in Jerusalem ausgefüllt werden. Forscher und Enthusiasten, Juden und Nichtjuden, erstellen „Bücher des Gedenkens“ und suchen nach unbekannten jüdischen Gräberstätten der Opfer des Nationalsozialismus. Vor über 30 Jahren entstand eine weitere „Form“: die „Stolpersteine“, die der Künstler, Bildhauer und Graveur Gunter Demnig aus Köln in ganz Europa verlegt. Interessanterweise wurde der 100.000. Stolperstein von Demnig am 26. Mai 2023 in Nürnberg verlegt.
Und dennoch verlief nicht alles reibungslos, und nicht überall traf der Enthusiasmus auf Verständnis und Unterstützung. So wurden beispielsweise in seiner Heimatstadt Köln einige Stolpersteine von verärgerten Nachbarn oder einfach von Neonazis aus dem Boden gerissen. Selbst in der jüdischen Gemeinschaft stieß Demnigs Initiative auf gemischte Reaktionen. In den jüdischen Gemeinden von München und Oldenburg wurde das Projekt als respektlos angesehen, da man darin „das Schänden der Namen der ums Leben gekommenen Juden und die Verschmutzung der Gedenksteine“ sah.
In den Städten Deutschlands, die das Projekt von Demnig nicht unterstützten, wurde jedoch nicht auf die Idee verzichtet, das Gedenken an die jüdischen Opfer des Nationalsozialismus zu bewahren. Diese Erinnerungsformen nahmen nur andere Gestalten an als die von Gunter Demnig vorgeschlagenen. So wird seit 2021 in Oldenburg das Gedenken an diese Opfer durch die Installation kleiner Gedenktafeln für Frauen, Männer und Kinder, die während der nationalsozialistischen Diktatur aufgrund von rassistischen und religiösen Verfolgungen ums Leben kamen, gewahrt. Als Vorbild diente ein Projekt, das in München entwickelt und umgesetzt wurde. Nach diesem Projekt wurden in der Stadt sogenannte „Erinnerungszeichen“ auf Augenhöhe an den Orten installiert, an denen Juden lebten und arbeiteten, die während der NS-Zeit verfolgt und ermordet wurden. Das Design dieser Erinnerungszeichen erfolgt in zwei Hauptvarianten: als Wandtafeln an den Fassaden von Gebäuden oder als Säulen im öffentlichen Raum. Die Erinnerungszeichen enthalten die wichtigsten Lebensdaten der Opfer nationalsozialistischer Verfolgung, Informationen über ihr Schicksal und, wenn verfügbar, auch Fotos.
Die Platzierung der Erinnerungszeichen in Oldenburg erfolgt in enger Zusammenarbeit der Stadt mit einer Filmproduktionsvereinigung sowie dem Zentrum für Nationalsozialismusforschung an der Universität Oldenburg, die über umfangreiche Archivmaterialien sowohl zur „Arisierung“ jüdischen Eigentums als auch zu den Schicksalen jüdischer Bürger, die während des Nationalsozialismus ermordet wurden, verfügen. Die Finanzierung aller Arbeiten zur Herstellung der Erinnerungszeichen erfolgt aus Mitteln des bestehenden Oldenburger Bürgerstiftung, der durch freiwillige Spenden finanziert wird, während die Stadtverwaltung für die Installation und Montage sowie die Erhaltung der Zeichen sorgt. Dieses Projekt findet Unterstützung bei den Bürgern Oldenburgs. Bis Ende 2024 wurden in der Stadt bereits mehr als 60 solcher Erinnerungszeichen installiert, die meisten davon im Stadtzentrum, in den Straßen Achternstraße, Kurwickstraße, Gartenstraße, Lange Straße und anderen. Die Durchführung von Archiv- und anderen Forschungen sowie die Entwicklung neuer Installationsprojekte werden fortgesetzt. Auf der Website der Stiftung sind zudem kurze Biografien der Opfer nationalsozialistischer Verfolgung veröffentlicht, einschließlich ihrer Fotos, sofern dies möglich war.
Die Erinnerungszeichen sind aus Messing gefertigt und werden, wenn sie nicht an einer Wand angebracht sind, auf speziellen Säulen aus hellem Metall montiert. Das Design der Porträts der Opfer des nationalsozialistischen Terrors, die Teil der Erinnerungszeichen sind, ist sehr ungewöhnlich: Sie sind durch Perforation auf die Metallplatten der Zeichen gebracht, was ihnen eine besonders emotionale Wirkung verleiht. Als der Fotograf diese kleinen Denkmäler ablichtete, begann plötzlich ein Platzregen, und große Regentropfen liefen über die Oberfläche der Zeichen wie Tränen des Gedenkens an jene, die Opfer nationalsozialistischer Verfolgung wurden…
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Damit schließen wir die Veröffentlichung unserer Reihe von Aufsätzen über jüdische Adressen Oldenburgs auf der Karte dieser Stadt ab. In diesen Berichten haben wir den Lesern von Orten erzählt, die in irgendeiner Weise mit dem Leben der Juden verbunden sind, die zur Entwicklung und zum Wohlstand der Stadt beigetragen haben. Vor Ihrem geistigen Auge zieht die gesamte Geschichte des jüdischen Lebens in Oldenburg vorbei, beginnend im 14. Jahrhundert bis in die Gegenwart.
Bis zum nächsten Mal auf unserer Website, wo unter anderem auch Materialien über die neueste Geschichte der Jüdischen Gemeinde Oldenburg veröffentlicht werden.
Autor: Yakub Zair-Bek
Fotos aus dem Archiv des Autors und von @DerShlikh-DerBote verwendet