Wir setzen die Veröffentlichung von Essays im Zyklus „Jüdische Adressen Oldenburgs“ fort. Heute lesen Sie schon den neunten Essay, der vom Bau der Gedenkwand zum Gedenken an die Oldenburger Juden, die während der Zeit des Nationalsozialismus getötet wurden, erzählt.
Die Karte der jüdischen Orte in Oldenburg [➦ hier klicken]
Am Tag nach dem 75. Jahrestag der Reichspogromnacht, am 10. November 2013, enthüllte der damalige Oberbürgermeister von Oldenburg, Prof. Dr. Gerd Schwandner, würdevoll die Gedenkwand zur Erinnerung an die jüdischen Mitbürger unserer Stadt, die während der NS-Zeit ums Leben kamen. Die Gedenkwand wurde in der Nähe des Kulturzentrums PFL, gegenüber dem Platz der alten, von den Nationalsozialisten zerstörten Synagoge erbaut. Bei der feierlichen Eröffnungszeremonie waren Vertreter der Stadtverwaltung, des Stadtrates, des Niedersächsischen Landtags, der Jüdischen Gemeinde zu Oldenburg sowie Mitglieder der Arbeitsgruppen „Erinnerung gestalten“ und „Erinnerungsgang“ anwesend, auf deren Initiative hin und mit deren Mithilfe die Gedenkwand errichtet worden war. Als die Wand enthüllt wurde, sahen die Anwesenden eine Tafel mit den Namen der NS-Opfer. Die Aufschrift auf der Wand lautet: „Wir erinnern an die 167 Bürgerinnen und Bürger der Stadt Oldenburg, die im Rahmen der nationalsozialistischen Judenverfolgung ermordet wurden. Wir gedenken ihrer in tiefer Trauer und Scham. 2013. Der Rat der Stadt Oldenburg, Der Arbeitskreis „Erinnerung gestalten“.
Gedenkwand zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus, Peterstraße 1
2015 wurde die Opferzahl auf der Wand nach oben, nämlich auf 175 Namen, korrigiert. Jeder Eintrag beinhaltet sowohl den vollständigen Namen des von den Nationalsozialisten ermordeten Juden als auch dessen Geburtsort, die letzte Meldeadresse und das Todes- oder Deportationsdatum. Auf einer großen Stadtkarte sind die letzten Adressen dieser Opfer verzeichnet. Diese sind direkt mit den Verbrechen des Nationalsozialismus verbunden.
Zur Realisierung des Bauprojektes wurde von der Stadt Oldenburg und dem Arbeitskreis „Erinnerung gestalten“ in Zusammenarbeit mit Historikern beträchtliche Arbeit geleistet. Diese Arbeit umfasste die Bestimmung und Dokumentation der einzelnen Etappen in den Schicksalen aller 175 jüdischen Opfer des Nazi-Terrors. Viele dieser an der Wand angegebenen letzten Adressen waren nicht die, die die Personen freiwillig als Wohnort gewählt hatten. Durch erzwungene Verkäufe und andere juristische Machenschaften brachten die Nationalsozialisten die Juden um ihren Besitz (ihre Häuser und Wohnungen) mit dem Ziel, in Oldenburg ein jüdisches Ghetto zu organisieren. Unter diesem Gesichtspunkt wurden die Juden in einigen Häusern in der Kurwickstraße, in der Achternstraße und in der Uferstraße zusammengepfercht.
Die Erforschung und Dokumentation der Schicksale der Nazi-Opfer endete auch nach der Fertigstellung der Gedenkwand nicht. Gerade aufgrund der in diesem Zusammenhang durchgeführten Forschung konnten neue Erkenntnisse gesammelt und bekannte Dokumente in einem neuen Licht bewertet werden. Ebenso gelang es, die Namen acht weiterer Opfer des Nationalsozialismus in Oldenburg aufzudecken. 2015 wurden auch diese auf der Gedenkwand verewigt.
Yakub Zair-Bek