Zum Inhalt springen

Jüdische Adressen Oldenburgs
Die siebte Adresse: Und wieder die Peterstraße 2

    4
    image_pdfPDF-Ansichtimage_printDruckansicht

    Wir setzen die Veröffentlichung von Essays aus der Reihe „Jüdische Adressen Oldenburgs“ fort. Heute präsentieren wir bereits den siebten Essay, der der Geschichte des Baus des Denkmals für alle Opfer des Nationalsozialismus in Oldenburg gewidmet ist. Dieses Denkmal wurde an der Stelle der von den Nazis zerstörten Oldenburger Synagoge errichtet.

    1963 wurde auf Beschluss der Stadtverwaltung dort, wo früher die von Nazis vernichtete Synagoge in der Peterstraße 2 stand, eine Stele im Gedenken an alle aus der Stadt vertriebenen und vernichteten Juden errichtet. In diese Stele ist ein Textabschnitt aus der Bibel auf Hebräisch eingemeißelt worden: “Haben wir nicht alle einen Vater? / Hat uns nicht alle ein G-tt erschaffen? / Warum verachten wir einander?” (Maleachi 2.10). Und unten lesen wir auf Deutsch: „Hier stand bis 1938 das G’tteshaus der jüdischen Gemeinde.“

    Dann verging fast ein Vierteljahrhundert. 1986 kündigte die Stadtverwaltung einen Kunstwettbewerb zwecks Bau eines Mahnmals für alle Opfer des Nationalsozialismus in Oldenburg an. Für diesen Wettbewerb wurden acht Projekte unter verschiedenen Mottos vorgestellt. Die Jury des Wettbewerbs bestand aus 13 Personen, eine davon war der Landesrabbiner Henry G. Brandt. Diesen Wettbewerb gewann das Projekt des Oldenburger Bildhauers Udo Reimann. 1989 begann der Bau des Mahnmals, welches im Herbst 1990 fertig gestellt wurde.

    Dem Vorhaben von Reimann entsprechend, wurden 130 oktaedrische Säulen unterschiedlicher Höhe aus Basalt, die sich in einem kleinen Aushub in einer festgelegten Reihenfolge befinden, zu Hauptelementen des Mahnmals. Diese Säulen symbolisieren Nazi-Opfer, die in einen Graben zwecks Erschießung geworfen worden waren. Auf der Erde vor den Säulen befinden sich zwei massive Platten mit Aufschriften, zu denen wenige Stufen führen. Auf einer der Platten kann man lesen: „Zum Gedenken an alle Opfer während / der Zeit des Nationalsozialismus in Oldenburg 1933 – 1945. / Ihr Opfer verpflichtet uns, für Freiheit, / Frieden und Gerechtigkeit gegenüber / allen Menschen einzutreten. / (Beschluss des Rates vom 2.7.1986)“ Und auf der anderen steht: „Kommt, Ihr alle, die Ihr vorübergeht, / schauet und seht, ob ein Schmerz sie wie / der Schmerz, der mir angetan worden.“ (Klagelieder Jeremias, Kap. 1.12)

    Wenn man die Stufen zu den Steinplatten hinuntergeht, um die Texte zu lesen, senkt man unbewusst den Kopf, wie zur Erinnerung an die unschuldigen Opfer…

    Die Gedenkstätte, die hier schon seit 1963 stand, wurde zu einem Bestandteil des oben genannten Mahnmals, das am 9. November 1990 am Jahrestag der sogenannten „Reichskristallnacht“ feierlich enthüllt wurde.

    Jährliche Trauerzeremonie

    Schon seit fast 30 Jahren gehört das Mahnmal zu den bekanntesten Sehenswürdigkeiten der Stadt. Genau hier findet an jedem Jahrestag der „Kristallnacht“ eine Gedenkzeremonie statt, die von der Jüdischen Gemeinde zu Oldenburg organisiert wird. Der Rabbiner spricht das Kaddischgebet, und es werden ein Kranz und frische Blumen niedergelegt. Auch die Teilnehmer des seit 1981 stattfindenden  Erinnerungsgangs, der der Route des damaligen „Judengangs“  am Morgen des 10. November 1938 folgt, halten hier an, um Blumen niederzulegen.

    Und an den Tagen, die mit keinem besonderen Datum verbunden sind, kann man auf den Platten des Mahnmals kleine Steinchen sehen. Diese werden sowohl von Juden als auch von Nichtjuden gemäß jüdischer Tradition hierhergebracht. Manchmal liegen auf den Basaltplatten Blumensträuße…

    Autor: Yakub Zair-Bek

    image_pdfPDF-Ansichtimage_printDruckansicht