Jüdische Adressen Oldenburgs
Die achte Adresse: Leo-Trepp-Straße 15-17
Wir setzen die Veröffentlichung von Essays aus der Reihe „Jüdische Adressen Oldenburgs“ fort. Heute präsentieren wir den achten Essay aus dieser Reihe. Er ist den Ereignissen gewidmet, die mit der Eröffnung der neuen Synagoge im Jahr 1995 und des Gemeindezentrums der Jüdischen Gemeinde Oldenburg im Jahr 2000 verbunden sind.
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Im Juli 1991 traf die Oldenburger Stadtverwaltung die Entscheidung, das leerstehende Gebäude der baptistischen Kapelle in der Wilhelmstraße 15 (später umbenannt in Leo-Trepp-Str.), das bereits im 19. Jahrhundert erbaut wurde, in den Besitz der Jüdischen Gemeinde zu übergeben. Das wunderschöne Gebäude von großem historischen und kulturellen Wert war jedoch in der Vergangenheit stark vernachlässigt worden und bedurfte zunächst einer umfassenden Sanierung. Die Kosten für die Anschaffung eines Grundstücks, den Umbau der Gebäude, die Einrichtung des angrenzenden Geländes und andere notwendigen Maßnahmen beliefen sich auf zwei Millionen DM. Weder die kleine Jüdische Gemeinde Oldenburgs noch die Stadt Oldenburg selbst konnte diese Summe aufbringen. Ein solches Projekt ohne Sponsoren zu realisieren schien unmöglich. Angesichts der Bedeutsamkeit der Wiederbelebung des jüdischen Lebens und der jüdischen Traditionen in Oldenburg wurden von der Evangelischen Kirche, dem Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen sowie von verschiedenen öffentlichen Organisationen, Einrichtungen und Privatpersonen beträchtliche Summen zur Verfügung gestellt. All das sowie das außerordentliche und unschätzbare Engagement der ersten Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde, Sara-Ruth Schumann, ermöglichten es, dieses Projekt zeitnah zu realisieren.
1995 zelebrierte Oldenburg das 650. Jubiläum der Verleihung des Magdeburger Rechts. Es wurde vorgeschlagen, das neue Synagogengebäude im Rahmen dieser Feierlichkeiten und der sich daran anschließenden „Woche der Brüderlichkeit“ an die Jüdische Gemeinde zu übergeben. Alle Restaurierungsarbeiten in dem Gebäude wurden beendet und an der Front befestigte man die Gedenktafel mit der Aufschrift „Bet Elohim“, die 1855 zum ersten Mal an dem Synagogengebäude in der Peterstraße angebracht war. Als diese Synagoge 1905 umgebaut wurde, schmückte die Gedenktafel auch wieder ihre Fassade. Obwohl die Synagoge später von den Nationalsozialisten abgebrannt wurde, fand man dieses Schmuckstück aus Stein unbeschadet und befestigte es wieder an der Fassade des „Haus G’ttes“, und diese Tatsache ist von großer symbolischer Bedeutung.
Am 5. März 1995 fand im großen Saal des Kulturzentrums PFL die zeremonielle Übergabe der Schlüssel für das Gebäude mit dem angrenzenden Grundstück an die Jüdische Gemeinde zu Oldenburg statt. Das war ein besonderer Tag in der Geschichte des Oldenburger Judentums. Vieles an diesem Tag war ungewöhnlich, wie beispielsweise die anwesenden Gäste mit prominenten Persönlichkeiten aus Politik und Religion, darunter der ehemalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker, der damalige niedersächsische Ministerpräsident und spätere deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder, der Präsident des Niedersächsischen Landtags Horst Milde sowie der Vorsitzende des Zentralrates der Juden in Deutschland Ignatz Bubis.
Fünf Jahre nach diesen Ereignissen, im Jahr 2000, wurde die Renovierung des von der Gemeinde erworbenen Gebäudes, das sich neben der Synagoge befindet, abgeschlossen. In diesem Gebäude ist nun das Gemeindezentrum untergebracht. Innerhalb relativ kurzer Zeit wuchs die Gemeinde, die aus einer kleinen Gruppe von Gleichgesinnten bestand, hauptsächlich durch Zuwanderung von Juden aus den Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion, um mehr als das Fünfzehnfache. Heute verfügt die Gemeinde über eine wunderschöne Synagoge mit einem Gebetssaal, einem Kidduschsaal, einer Mikwe, einer Bibliothek mit Büchern auf Hebräisch, Russisch und Deutsch, Unterrichtsräumen sowie weiteren Räumlichkeiten und allem Notwendigen für das religiöse und kulturelle Leben der Gemeindemitglieder.
Autor: Yakub Zair-Bek.