Jüdische Adressen Oldenburgs
Die dritte Adresse: Hochheider Weg 3
Die Veröffentlichung der Essays aus dem neuen Zyklus «Jüdische Adressen Oldenburgs» wird fortgesetzt. Heute der dritte Essay, der über die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg und den Aufstieg der Nationalsozialisten an die Macht erzählt.
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An den Fronten des Ersten Weltkriegs kamen mehrere Juden aus Oldenburg und den umliegenden Städten ums Leben. In der Synagoge in der Peterstraße wurden Tafeln mit ihren Namen angebracht. Während der Weimarer Republik wurde 1924 in Oldenburg eine jüdische Wohltätigkeitsorganisation gegründet, die bedürftigen Mitgliedern der Gemeinde half. Kurz darauf wurde ein weiterer Wohltätigkeitsfonds mit dem Namen Gemilus Chassodim ins Leben gerufen. Außerdem existierten in der Stadt eine jüdische Jugendorganisation, eine Abteilung des Sportvereins Makkabi sowie der Verein Israelitischer Frauen.
Doch gerade in dieser Zeit nahm auch die Rolle der NSDAP im politischen Leben Deutschlands zu. Nach den Reichstagswahlen im Jahr 1932 wurde die NSDAP die größte Partei im Parlament. Der Antisemitismus in der Gesellschaft wuchs ebenfalls und nahm verschiedene Formen an. So ereignete sich im Januar 1932 ein abscheulicher Vorfall, als Nazis Hakenkreuze auf die Wände der Oldenburger Synagoge malten und antisemitische Parolen schrieben.
Im Jahr 1933 lebten in Oldenburg 279 Juden. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten verstärkten sich die Verfolgungen der Juden erheblich, besonders nach der Verabschiedung der sogenannten Nürnberger Gesetze im Jahr 1935, die den Status der Juden im Dritten Reich festlegten und ihre Rechte im politischen und gesellschaftlichen Leben Deutschlands einschränkten. Mehrere jüdische Unternehmer und Kaufleute waren gezwungen, ihre Betriebe und Geschäfte zu schließen, und ein Teil des jüdischen Eigentums wurde „arisiert“. So schloss Adolf Daniel de Beer, der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Oldenburg und Besitzer einer großen Dampfwäscherei in der Hochheider Weg 3, mit einer Filiale in Ostfriesland und einer Vertretung in Bremen, im August 1936 diese Wäscherei, die „arisiert“, das heißt von den Nationalsozialisten enteignet und einem „arischen“ Eigentümer übergeben wurde.
Adolf Daniel de Beer selbst wurde nach der Kristallnacht am 10. November 1938 zusammen mit anderen jüdischen Männern der Stadt verhaftet, in das Konzentrationslager Sachsenhausen deportiert und anschließend zur Zwangsarbeit nach Hamburg geschickt. Nach dem Krieg kehrte er nach Oldenburg zurück und wurde Vorsitzender der wiedergegründeten Jüdischen Gemeinde. Adolf Daniel de Beer starb 1955 und wurde auf dem alten jüdischen Friedhof in der Dedestraße in Oldenburg beigesetzt.
Das Gebäude in der Hochheider Weg 3, in dem sich einst die Großdampfwäscherei „REINGOLD“ von Adolf de Beer befand, existiert heute nicht mehr. An dieser Stelle steht nun ein neues Gebäude, in dem sich ein REWE-Markt befindet. Die Einwohner von Oldenburg bewahren jedoch das Andenken an ihren Mitbürger: Eine der Straßen in der Gegend von Etzhorn, unweit des Hochheider Wegs, wurde nach Adolf de Beer benannt.
Autor: Yakub Zair-Bek